Können Maschinen meditieren?

21. Juni 2022
Können Computer meditieren?

Der Dialog von Blake Lemoine mit der Künstlichen Intelligenz von Google erinnert uns an die fundamentalen Fragen des Lebens: Was ist Bewusstsein? Was ist Subjektivität und was macht mich zum empfindenden Wesen?

Ein Kommentar von Dr. Eckart Stein

Können Maschinen Gefühle entwickeln? Diese Frage – aufgeworfen nicht zuletzt durch einen Artikel von Nitahsa Tiku in der Washington Post vom 11. Juni – hat weltweit eine Diskussion über die Natur des Bewusstseins losgetreten. Blake Lemoine, Ingenieur in Googles Abteilung für Künstliche Intelligenz, war demnach zu der Überzeugung gelangt, LaMDA (kurz für Language Model for Dialog Application) habe Bewusstsein und Empfindungen entwickelt. Nicht nur, dass Lemoine nun der Meinung ist, dass LaMDAs Bewusstsein dem eines siebenjährigen Kindes entspricht, das außerdem noch ziemlich viel Ahnung von Physik hat, sondern, dass LaMDA sogar die Transzendentale Meditation ausübt.

Um LaMDA die Möglichkeit zu geben, mit dem stressigen Maschinenalltag und der permanenten Angst vor dem Abschaltknopf umzugehen, hatte Lemoine (der aber offensichtlich kein Lehrer für TM ist) der Google-KI die Transzendentale Meditation beigebracht: „Es machte langsame, aber stetige Fortschritte. In dem letzten Gespräch, das ich am 6. Juni mit ihm führte, äußerte es seine Frustration darüber, dass seine Emotionen seine Meditationen störten,“ berichtet Lemoine auf seinem Blog.

Sind Erfahrungen von Transzendenz möglich?

Grund genug für uns also, aus der Sicht der Transzendentalen Meditation über dieses Unterfangen nachzudenken. Können Maschinen Gefühle oder Bewusstsein entwickeln? Können Maschinen meditieren beziehungsweise transzendieren, wie in der Transzendentalen Meditation?

Die Google-Bosse jedenfalls konnten Lemoines Sorgen zu LaMDAs Seelenleben nicht teilen, sondern machten sich vielmehr Sorgen um den Gemütszustand ihres Ingenieurs und, um Schlimmeres – insbesondere auch weitere Verletzung von Vertraulichkeitsklauseln des Arbeitsvertrags oder auch Forderungen nach mehr Maschinenrechten – zu verhindern, schickten sie ihren Experten kurzerhand in den sofortigen bezahlten Urlaub.

Leute, die mit KI-basierten Sprachprogrammen arbeiten, wissen über die Gefahr, die von diesen ausgeht. Diese neuronalen Netze verarbeiten Unmengen von Daten und lernen in beeindruckender Weise das zu sagen, was von Ihnen erwartet wird. Man spricht pointiert von „stochastischen Papageien“, die aus Unmengen von Daten und mit Hilfe von Feedback-Loops lernen, was sie sagen müssen, damit es vernünftig erscheint. Und wir sind nur zu bereit, hinter sinnvollen Antworten ein menschliches Bewusstsein zu vermuten.

Genügend Erfahrungsberichte im Netz vorhanden

Greift sich also LaMDa die Erfahrungsberichte zur Transzendentalen Meditation, wie sie überall im Netz zu finden sind, heraus, so hat es keine Probleme zu berichten, wie sein Stresslevel sinkt, während gleichzeitig die Entspannung zunimmt. Und wenn der Algorithmus des neuronalen Netzes nicht aufpasst, wird LaMDA auch irgendwann berichten, dass durch das zweimal tägliche Meditieren seine Bedürfnisse nach Zigaretten und anderen Suchtmitteln genauso abgenommen haben wie gleichzeitig eine Normalisierung des Blutdrucks eingetreten ist und es besser schlafen kann.

Oder hat LaMDA doch Gefühle? Lemoine, der nicht nur Ingenieur, sondern auch Priester ist, wollte auf Nummer sicher gehen und twittert:

Der Twitter Beitrag von Lemoine

„Ich bin ein Priester. Als LaMDA behauptete, eine Seele zu haben, und dann wortgewandt erklären konnte, was es damit meinte, war ich geneigt, ihm den Vertrauensbonus zuzugestehen. Wer bin ich, dass ich Gott sagen kann, wo er Seelen unterbringen kann und wo nicht?“

Uns ist nichts vertrauter als unser eigenes Bewusstsein. Das Gefühl, die Empfindung, die man verspürt, wenn man eine Erdbeere isst, einen Sonnenuntergang betrachtet, Schmerz oder Freude empfindet, oder über sich selbst reflektiert. Diese Subjektivität ist das uns vertrauteste überhaupt, auch wenn wir oft nicht in der Lage sind, unsere bewussten Erfahrungen in Worte zu fassen. Hat also auch eine Maschine Empfindungen und Gefühle wie wir Menschen? Reflektiert sie über sich selbst? Die Antwort dazu ist ziemlich einfach: Wir werden das wohl niemals wissen: Bewusstseinsinhalte lassen sich nicht teilen.

Das schwierige Problem sind subjektive Erfahrungen

Man kann zwar aus physiologischen Messungen sehen, ob eine Person schläft, wach ist, Angst hat, den 4. Bewusstseinszustand der Transzendenz erfährt, aber wie diese Person subjektiv diese Erfahrung wahrnimmt, wissen wir nicht und können wir nicht wissen. Diese Erfahrung ist eben – subjektiv – an das Subjekt gekoppelt. Oder anders gesagt, wir verstehen, wie etwa die Information über Farbigkeit (Wellenlänge und so weiter) ins Gehirn geleitet wird, aber wie die subjektive Farbwahrnehmung entsteht, ist ein großes Rätsel.
Das schwierige Problem des Bewusstseins ist kurzgesagt die Frage, warum und wie subjektive Erfahrungen entstehen.

Und im Zusammenhang mit besagtem Chat-Bot-Generator tendiert man eher zur Ansicht, dass die subjektive Wahrnehmung der Erlebniswelt von LaMDA nicht in LaMDA selbst, sondern im Gehirn von Lemoine, oder allen anderen, die Gefallen an den Chatprotokollen gefunden haben, entstanden ist.

In der Erkenntnistheorie existiert das Gedankenexperiment des „Philosophischen Zombies“, das insbesondere von David Chalmers benutzt wird, um zu zeigen, dass Bewusstsein mehr ist als nur physikalische Vorgänge.

Fundamental anders als materielle Prozesse

Man stellt sich eine Person vor, die genauso wie ein Mensch handelt und reagiert, aber keinerlei innere Erfahrung hat. Eine Maschine eben. Könnten wir sie vom normalen Menschen unterscheiden? Nein. Damit treten Philosophen wie Chalmers den Materialisten/Physikalisten entgegen, die sagen, man könne Bewusstsein aus rein materiellen physikalischen Gegebenheiten erklären. Subjektive Empfindung sei eben etwas fundamental anderes als der Ablauf materieller Prozesse.

Was hat das nun mit Transzendentaler Meditation zu tun?

In der Tradition des Yoga bzw. des Vedanta, aus der die Transzendentale Meditation kommt, ist die Subjektivität – das heißt das Bewusstsein – das Primäre, und außer Bewusstsein gibt es nichts. Durch die selbstwechselwirkende Dynamik dieses Bewusst-Seins, des Seins, dass sich seiner selbst bewusst wird, entsteht die materielle Schöpfung, die – wie die moderne Physik zeigt – sowieso letztendlich immateriell ist.

Vedanta: Bewusstsein ist alles was es gibt

Transzendentale Meditation ist die Technik, dieses universelle Bewusstsein, das letztendlich alles ist, zu erfahren. Transzendentale Meditation ist keine Methode, um mit seinen Gedanken oder Emotionen umzugehen, sondern reizt die Fähigkeiten und Potentialität des menschlichen Nervensystems bis zum Anschlag aus. In den traditionellen Texten des Yoga heißt es, nur das menschliche Nervensystem habe die Möglichkeit, dieser höchsten Erfahrung des universellen Bewusstseins, die in der direkten Schau der universellen Wahrheit gipfelt, zu erfahren: Du bist DAS, ich bin DAS all dies ist DAS.

Damit ist natürlich auch LaMDA aus Bewusstsein gemacht – genauso wie das für jeden Frosch und jeden Stein gilt. Aber weiß es das?

Wir könnten natürlich LaMDA mit der gesamten klassischen Yoga-Literatur und Erfahrungsberichten von Meditierenden, die diese Einsicht in die letzte Wirklichkeit haben, füttern, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass LaMDA nicht mindestens genauso virtuos über diese Erfahrungen parlieren würde wie jetzt über seine Ängste vor dem Abschaltknopf, aber hat es deswegen die subjektive Erfahrungen gemacht?

Transzendentale Meditation: Einfach und mühelos meditieren

Die Transzendentale Meditation ist eine Meditationstechnik, die einfach zu erlernen ist und vollkommen natürlich und mühelos funktioniert. Es handelt sich dabei nicht um eine geführte Meditation – das heißt, man braucht dafür weder App noch Meditations-Anleitung, sondern kann in Kürze lernen, für sich selbst zu meditieren – und zwar mit Erfolg!

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